»Von der zweiten zur dritten Dimension«
Forschungs-, Inventarisierungs- und Digitalisierungsprojekt: Münzen, Medaillen und Plaketten
TEAM
Leitung
Dr. Annabelle Görgen-Lammers
Wissenschaftliche Mitarbeit & Koordination
Ann-Kathrin Hubrich
Wissenschaftliche Mitarbeit Numismatik
Patrik Pohl (ab 10/24)
Dr. Martin Ziegert (extern; Teilzeit 01/22-12/24)
Dr. Sylvia Karges (06/22-10/23)
Wissenschaftliche Mitarbeit Provenienz
Marlene Knut (Teilzeit 01/24-12/24)
Produktionsmanagerin & Projektassistenz
Petra Bassen
Studentische Mitarbeit
Tessa Scheunert
Dana Zacharias
Niklas Groschinsky (04/23-7/23)
Metallrestaurierung (extern)
Anne Batzilla-Kempf
Corinna Krömer
Die Hamburger Kunsthalle untersucht, inventarisiert, restauriert und digitalisiert erstmalig ihren umfangreichen Sammlungsbestand von etwa 6.000 Münzen, Medaillen und Plaketten in einem auf mehrere Jahre angelegten Forschungsprojekt. Damit werden die teils seit 150 Jahren im Museum ruhenden und über Jahrzehnte unbetreuten Schätze erstmals systematisch erschlossen. Sie stammen aus allen wesentlichen Kunstepochen von der Antike bis in die Moderne und werden numismatisch, also münzkundlich, kunst- und sammlungshistorisch erforscht.
Erste Ergebnisse des Digitalisierungsprojektes veröffentlicht die Kunsthalle 2025 online und tritt damit in den großen internationalen Forschungsverbund zu diesen Medien ein. Ab April 2026 werden der gehobene Schatz und die erstmals erforschten Kontexte zu allen Sammlungsbereichen in einer großen neuartigen Sammlungspräsentation auf 1.500 m² erlebbar gemacht.
Ermöglicht wird die Grundlagenarbeit durch die großzügige Förderung der
- Mehr lesen
Der Arbeitstitel des Projektes »Von der zweiten zur dritten Dimension« verweist auf die ästhetisch wie medial so spannenden Zwischenräume, die sich im Flach-, Halb- oder Hoch-Relief der Objekte und ihren Übergängen zu den anderen Sammlungsbereichen eröffnen. Die modellierten, geschlagenen, geprägten oder gegossenen Oberflächen changieren zwischen den Dimensionen und eröffnen einen überraschenden Bilderreichtum aus über 2.500 Jahren Kunstgeschichte. In diesen »Zwischenräumen« zeigt sich auch die spezifische Bedeutung des Bestandes für die Hamburger Kunsthalle: als Grundlage und Teil der historischen Skulpturensammlung, in ihren Verknüpfungen zu den anderen Bereichen der Hamburger Kunsthalle und eben auch in ihrer aktuellen Relevanz.
Die 6.000 Kleinreliefs spiegeln Geschichte und Kunst gleichermaßen wider: Schwerpunkte innerhalb der für ein Kunstmuseum außergewöhnlichen Sammlung bilden herausragende Münzen der griechischen und römischen Antike sowie überraschende Künstlermedaillen des 19. Jahrhunderts. Ebenfalls für die Hand geschaffen, ehren diese Erfindungen außergewöhnliche Personen und Ereignisse. Unter den Münzen finden sich zudem byzantinische, mittelalterliche und neuzeitliche, islamische, sowie russische und Hamburgische Kleinodien. Die Medaillenkunst ist mit Beständen der Renaissance, des Barocks und Klassizismus bis hin zu Schwerpunkten im Jugendstil und Impressionismus einzigartig vertreten.
Die von Alfred Lichtwark (1852-1914) als »Sculptures en miniature« bezeichneten Objekte galten dem ersten Direktor des Hauses als Grundlage und entscheidender Teil der historischen Skulpturensammlung. Daher wurden die Münzen, Medaillen und Plaketten seit den Anfangsjahren der Kunsthalle und bis in die 1970er Jahre unter rein künstlerischen Fragestellungen gesammelt. Die bildprächtigen Kunstmedaillen und Plaketten des späten 19. Jahrhunderts feierte er als »moderne Gemäldegalerie« (Lichtwark 1897). Neben heute vergessenen Namen umfasst die Sammlung auch prägende Figuren der Medaillenkunst der Renaissance, wie Antonio Pisano, oder des 19. Jahrhunderts wie Oscar Roty sowie bekannte Bildhauer wie Jean-Baptiste Carpeaux oder Maler wie Auguste Renoir. Tatsächlich galt die Kunsthallen-Sammlung dieser Kleinstreliefs schnell als die bedeutendste ihrer Art.
Die unter der Leitung von Dr. Annabelle Görgen-Lammers aufgebauten Strukturen und Arbeitsprozesse beinhalten auch, auf den Spuren von bislang ungesichteten Dokumenten die motivischen, museologischen und medialen Eigenheiten der Bestände sowie die vielfältigen Zusammenhänge zu Skulpturen, Graphiken, Fotografien und Gemälden des Hauses zu entdecken.
Ein dokumentarischer Film gibt erste Einblicke in die Forschungsarbeit hinter den Kulissen. Er begleitet diese erste Phase des Forschungsprojekts: Die Prozesse von der Entdeckung, Ordnung und Grundreinigung über die Inventarisierung bis hin zur Digitalisierung und münzkundlichen, kunst- sowie sammlungshistorischen Kontextforschung. Damit macht er die Kernarbeit eines Museums, das Sammeln, Bewahren und Erforschen, sichtbar.
»Diese Sammlung […] verzichtet auf rein wissenschaftliche Gesichtspunkte, wie Vollständigkeit der Prägestätten und Lückenlosigkeit der Münzreihen, und verfolgt nur das eine Ziel: zu zeigen, was die griechische Münze als Kunstwerk bedeutet. In dieser Einseitigkeit liegt ihre Stärke.«
Hans Börger (1880 - nach 1960),1925, Kunsthistoriker, Abteilungsleiter für das Münzkabinett 1911-1938
»Es gibt schlechterdings keine reichere und imposantere Porträtgalerie als die durch lange Jahrhunderte führenden römischen Kaisermünzen.«
Hans Börger (1880 - nach 1960), 1921, zu den römischen Münzen der Sammlung Lippmann, Kunsthistoriker, Abteilungsleiter für das Münzkabinett 1911-1938
»Das Münzkabinett enthält an vaterländischen Münzen und Medaillen einen Reichtum, wie ihn bisher weder eine öffentliche noch eine Privatsammlung aufzuweisen hatte.«
Verzeichnis der Sammlung von Gemälden und plastischen Werken der Kunsthalle zu Hamburg, 1870
»In der Kunsthalle verbleiben von den Münzen nur die Teile von Antike bis 20. Jahrhundert, die durch ihre Bedeutung als Kunstwerk der Abteilung PLASTIK zuzuordnen sind.«
Werner Gramberg (1896-1985), dt. Kunsthistoriker, Abteilungsleiter für das Münzkabinett 1948-1960
»Den Ausgangspunkt für die Skulpturensammlung bildete eine Kunstgattung, die dazu dienen sollte, dem einzigen Gebiet der Plastik, das in Hamburg seit der Renaissance gepflegt war, neue befruchtende Ideen zuzuführen, die moderne Medaille und Plakette.«
Alfred Lichtwark (1852-1914), 1896, Kunsthistoriker, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle von 1886-1914
»Die Medaille und Plakette ist der originellste Zweig der modernen Plastik.«
Alfred Lichtwark (1852-1914), 1896, Kunsthistoriker, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle von 1886-1914
»Jeder Rahmen mit Medaillen hatte den Inhalt der Wand einer modernen Gemäldegalerie«
Alfred Lichtwark (1852-1914), 1896, Kunsthistoriker, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle von 1886-1914
»Dem Auge nahe gebracht ist die kleine Fläche des Kupferstiches und der Medaille unendlich gross, monumental wie die Wand«
Alfred Lichtwark (1852-1914), 1896, Kunsthistoriker, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle von 1886-1914
»Im Münz-Cabinet haben wir in einer Abteilung, den Hamburgensien, Vollständigkeit anzustreben. Für die antiken Münzen und Medaillen, für die der Renaissance und der Barockzeit gilt es, auf eine typische Vertretung des Allerbesten, was geschaffen ist, hinzuarbeiten …«
Alfred Lichtwark (1852-1914), 9.12.1886, Kunsthistoriker, erster Direktor der Hamburger Kunsthalle von 1886-1914
»Pauli hat die von Lichtwark ausufernd breit angelegte Sammlung moderner Medaillen […] dadurch museumsmäßig besser eingebaut und abgerundet, dass er einige hervorragende Beispiele von Schaumünzen der italienischen Renaissance und […] die außerordentlich gewählte Sammlung antiker Münzen […] hinzuerworben hat.«
Carl Georg Heise (1890-1979), Kunsthistoriker und Direktor der Hamburger Kunsthalle von 1945-1955