Skulptur & Plastik

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Leitung Skulptur & Plastik (bis 1960)

Dr. Annabelle Görgen-Lammers

 

Leitung Skulptur & Plastik und Installation 
(ab 1960)

Dr. Brigitte Kölle

Die Sammlung Skulptur & Plastik umfasst über 6.500 dreidimensionale Werke: von der »sculpture en miniature« (Alfred Lichtwark) herausragender Kunstmedaillen, Plaketten oder Münzen von der Antike bis in die Moderne, über erhabene Reliefs und vollplastische Bildwerke des Mittelalters, Barocks, sowie Skulpturen des Klassizismus, Jugendstils, Impressionismus und Symbolismus des 19. Jahrhunderts bis hin zu – teils monumentalen – modernen Plastiken, Assemblagen, Objekten und Raumensembles des 20. Jahrhunderts. 

Dabei sind die Werke aus höchst diversen Materialien und Arbeitsprozessen entstanden – in Marmor oder Stein gemeißelt, in Bronze oder Kupfer gegossen, in Gold geschlagen oder Silber geprägt, aus Holz geschnitzt, in Ton modelliert oder Gips abgeformt, aus Papier geschöpft oder Blech gefaltet, als Objekte gefunden oder in multimedialen Assemblagen collagiert. 

Auch zeitlich spannen die Bestände der Sammlung den größten Bogen im Haus, nämlich über 2.000 Jahre Kunstgeschichte – von der Antike bis 1960. 

Profil

Die Skulpturenabteilung wurde bereits 1891 gegründet, und zwar in einem nicht nur für Deutschland einzigartigem Zuschnitt. Seitdem wurde sie über 110 Jahre lang unter verschiedenen Direktoraten durch gezielte Ankäufe und Schenkungen ausgebaut. So heterogen der Bestand, so beheimatet er doch herausragende Einzelpositionen und konsequent aufgebaute Werkgruppen, die sich zu einem alle wesentlichen Kunstepochen umfassenden Gesamtbild formen: 

Neben herausragenden Einzelstücken wie z. B. einer Büste von Giovanni Lorenzo Bernini liegen Hauptakzente der Vollplastik des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts im deutschen Klassizismus mit Werken von Johann Gottfried Schadow, Christian Daniel Rauch und Adolf von Hildebrand, der Symbolismus ist mit teils farbigen und multimateriellen Skulpturen wie von Max Klinger und Fernand Khnopff vertreten, das (ausgehende) französische 19. Jahrhundert mit Hauptwerken von Jean-Baptiste Carpeaux oder Auguste Rodin. Aristide Maillols – von Bildhauerzeichnungen begleitete – teils monumentale Werke stehen für die Entwicklung des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die Klassische Moderne ist an beeindruckenden Werken bedeutender Künstler*innen zu studieren, so unter anderem von Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Henri Matisse, Constantin Brancusi, Pablo Picasso, Max Beckmann oder Alberto Giacometti sowie an besonderen Werkgruppen, wie von Wilhelm Lehmbruck, Germaine Richier oder Hans Arp. 

Unter den ca. 6.000 Kleinskulpturen finden sich herausragende Münzen der griechischen und römischen Antike, zudem byzantinische, mittelalterliche, neuzeitliche, islamische, russische und Hamburgische Kleinodien. Die Medaillenkunst ist vertreten mit Beständen der Renaissance, des Barock und Klassizismus bis hin zu Schwerpunkten im Jugendstil und Impressionismus und zudem mit modernen Plaketten und stellt eine auch im internationalen Vergleich einzigartige Sammlung dar. 

Motivisch sind in der Skulpturenabteilung vor allem im 19. Jahrhundert – vergleichbar der Gemäldeabteilung und dem Kupferstichkabinett – Porträts und Tierdarstellungen am prominentesten vertreten. Der erste Direktor der Kunsthalle Alfred Lichtwark (Direktorat 1886-1914) stellte 1906 schon fest: »Tiere haben für den weitesten Kreis der Museumsbesucher immer wieder stärkste Anziehungskraft.« Entsprechend erwarb er z. B. von den Bildhauer*innen Anne Marie Carl-Nielsen oder August Gaul ganze Werkgruppe von Tierdarstellungen. Auf dieser Grundlage werden Entwicklungen, die sich im 20. Jahrhundert auch in diesen Bereichen ereignen, besonders deutlich, so der Übergang vom Porträt zur Maske, wie er sich zum Beispiel andeutet in Pablo Picassos Kopf eines Picadors mit gebrochener Nase (1903), oder die innovativen Materialexperimente, so in Picassos Die Eule (1952) oder die Haptik ansprechenden Stilisierungen wie in Edwald Matarés Tierdarstellungen sowie schließlich in den Metamorphosen zwischen Wesen wie z. B. in Das große Schachspiel (1959/61) von Richier. 

Geschichte des Aufbaus 

Die Sammlung der Skulpturen und  Plastiken ist neben jener der Gemälde und des Kupferstichkabinetts die drittälteste des Hauses. Bereits in seiner Antrittsrede 1886 verkündete der erste Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, das Ziel, eine Sammlung von »Sculpturen edlen Materials« aufzubauen, denn: »Es wäre einer Stadt wie Hamburg auf Dauer nicht würdig, daß sie sich zu arm erklärt, in ihrer öffentlichen Sammlung auch die Sculptur zu berücksichtigen.« Der junge Direktor agierte dabei ambitioniert, kenntnisreich, international vernetzt und gleichermaßen beispiellos wie wegweisend, hatte doch noch kein anderes deutsches Museum eine Sammlung internationaler zeitgenössischer Bildhauerkunst angelegt. Auch ging sein Engagement weit über die Museumsräume hinaus und umfasste den Außenraum, Denkmäler wie die Ausstattung von Parks.

Vorgefunden hatte er in der Kunsthalle vorrangig eine umfassende Abguss-Sammlung nach teils überlebensgroßen Meisterwerken, vor allem der Antike, zudem der Renaissance. Im gesamten Erdgeschoss der damaligen Hamburger Kunsthalle präsentiert, waren sie Zeichen des bei Gründung des Museums vorherrschenden künstlerischen Antikenideals.

Von der griechischen und römischen Antike zeugten auch ausgewählte Münzen sowie Medaillen der Renaissance neben solchen weiterer Epochen. Diese »sculptures en miniature« faszinierten Lichtwark. Entsprechend baute er den Bestand an dieser kleinsten Form der Plastik aus »soweit sie ihrem Gehalt nach zur grossen Kunst gehört« (Lichtwark 1891): Dies geschah in teils engem Kontakt mit bedeutenden Direktoren der großen internationalen Museen seiner Zeit, wie z. B. vom Pariser Musée du Luxembourg, sowie mit den aufstrebenden Bildhauer*innen und Medailleur*innen. Lichtwark erwarb die Zugänge zur Sammlung vornehmlich direkt aus deutschen und französischen Ateliers. Die besonders innovativen – größtenteils französischen – Kunstmedaillen bildeten für ihn den Grundstein für den ab 1891 systematisch und explizit begonnenen Aufbau einer Sammlung: »Den Ausgangspunkt für die Skulpturensammlung bildete eine Kunstgattung, die dazu dienen sollte, dem einzigen Gebiet der Plastik, das in Hamburg seit der Renaissance gepflegt war, neue befruchtende Ideen zuzuführen, die moderne Medaille und Plakette.« (Lichtwark 1896)

Während Lichtwarks Amtszeit wuchs die Skulpturenabteilung um über 150 vollplastische Werke sowie etwa 1.000 Plaketten und Medaillen. Bei seinen Erwerbungen behielt er stets auch sein Gesamtkonzept für das Museum im Blick und ergänzte die Bestände konsequent um grafische und fotografische Arbeiten von Bildhauer*innen, die uns bis heute einzigartige Einblicke in die Schaffensprozesse geben. 

Seine umfassende, auf die Skulptur seiner Zeit zielende Sammlungs- wie Ausstellungs- und Vortragstätigkeit wurde von seinem Nachfolger, Gustav Pauli (Direktorat 1914-1933) stärker systematisiert. Dieser ergänzte die Sammlung unter anderem durch »einige hervorragende Beispiele von Schaumünzen der italienischen Renaissance und […] die außerordentlich gewählte Sammlung antiker Münzen« (Heise, 1948). Dabei blieb die Plastik doch, wie Carl Georg Heise (Direktorat 1945-1955) festhielt, unter Pauli »und den folgenden Direktionen das Stiefkind«. Heise selbst erwarb in seiner Amtszeit hingegen nahezu 80 Werke deutscher und europäischer Skulptur. Auf dieser Sammeltätigkeit konnte sein Nachfolger Alfred Hentzen (Direktorat 1955-1969) aufbauen, er fügte den Beständen bedeutende Vertreter der internationalen Kunst hinzu, darunter Werke von Hans Arp, Henri Matisse oder Alberto Giacometti. Werner Hofmann (Direktorat 1969-1990) schließlich entwickelte die Abteilung in Hinblick auf die Bedeutung der Multimaterialität sowie der Vielfalt an Form-, Material- und Raumerfahrungen der plastischen Kunst des 20. Jahrhunderts durch die »multimateriellen Eroberungen der dritten Dimension« weiter, wie z. B. durch Picasso: »Die Künstler sprengen nicht nur die anthropomorphen Spielregeln, sie setzen sich auch über den traditionellen Materialkanon hinweg.« (Hofmann 1958).

Aktuelles

Die Abteilung wurde über 110 Jahre durch Ankäufe und Schenkungen auf- und ausgebaut. 2001 wurde sie aufgrund einer Stellenverschiebung teilweise aufgelöst und in der Folge nicht mehr als solche weiterentwickelt. Seit Mitte 2024 ist der Bestand unter neuer Leitung wieder vereint.

Ein von der Sammlungsleiterin initiiertes und geleitetes, derzeit laufendes Forschungs-, Inventarisierungs- und Digitalisierungsprojekt führt nun erstmals die historische Grundlage für den Aufbau der Skulpturenabteilung systematisch zusammen: Über 6.000 Münzen und Kunstmedaillen werden im Rahmen des Forschungsprojektes erfasst, untersucht und digitalisiert, um sie perspektivisch der Forschungsgemeinschaft wie dem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Mit weiteren Kontextforschungen zu den Verbindungen der vielen Medien innerhalb der Abteilung sowie zu ihren Bezügen zu anderen, grafischen, fotografischen und malerischen Beständen des Hauses sowie dem historischen Archiv, werden erste Ergebnisse dieses umfangreichen Forschungsprojektes ab April 2026 Eingang in eine große neue Sammlungspräsentation erhalten: Die Schau wird die Skulpturen und Plastiken aller Größen und Materialien im Dialog mit ausgewählten Werken der anderen Sammlungsbereiche präsentieren und die spannenden »Zwischenräume«, die Übergänge zwischen Fläche, Objekt und Raum, die Wandlungen zwischen den Dimensionen, und somit neue Objekt-, Körper- und Raumereignisse im gesamten Erdgeschoss des Gründungs- und Altbaus erlebbar machen.

»Von der zweiten zur dritten Dimension«

Forschungs-, Inventarisierungs- und Digitalisierungsprojekt: Münzen, Medaillen, Plaketten 

Weitere Sammlungsbereiche