Kirchner

Selbstbildnis mit Modell
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Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Klassischen Moderne in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Der gebürtige Aschaffenburger war 1905 zusammen mit Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel und Fritz Bleyl Mitbegründer der Dresdner Künstlergemeinschaft „Brücke“, die als die Geburtsstätte des Expressionismus in Deutschland gilt.

Hamburg hat für die frühe Rezeption des „Brücke“-Expressionismus’, vor allem aber für das Werk von Ernst Ludwig Kirchner, eine zentrale Stellung, da hier die ersten Förderer dieser Kunst beheimatet waren. So entstand zum Beispiel mit dem Juristen und Kunstsammler Gustav Schiefler und dessen Frau Luise bereits 1906 eine enge Beziehung des Künstlers zur Hansestadt.  Auch in der Hamburger Kunsthalle fand Kirchner durch Gustav Pauli, Museumsdirektor von 1914 bis 1933, einen engagierten Unterstützer. Neben vier Gemälden, die er zwischen 1920 und 1924 erwarb, konnte Pauli, durch Vermittlung Schieflers, 1924 ein Konvolut von 56 Blatt Druckgraphik direkt vom Künstler erwerben. Kein anderer zeitgenössischer Künstler war damit so umfangreich in der Hamburger Sammlung vertreten wie Kirchner. Alle Kirchner-Werke, die Pauli bis 1933 sammeln konnte, wurde jedoch 1937 durch die Aktion „Entartete Kunst“ von den Nationalsozialisten vollständig beschlagnahmt.

Die Ausstellung will die Beziehungen der Hamburger Kunsthalle, wie auch die der privaten Sammler zu Kirchner und seinem Werk dokumentieren. Dabei geht es nicht nur um die historische Rekonstruktion, sondern auch um den heutigen Stand der Beschäftigung mit Kirchners Werk in Hamburg: die Forschungen zum Thema „Gustav Pauli und die Hamburger Kunsthalle“, die 2009 abgeschlossen wurden, haben eine Fülle neuester, bisher unbekannter Erkenntnisse erbracht.

Im Zentrum der Ausstellung steht der Bestand der Werke Kirchners in der Hamburger Kunsthalle, die neben sieben Gemälden aus der Zeit von 1910 bis 1923 noch 23 Zeichnungen bzw. Aquarelle und 77 Blatt Druckgraphik besitzt. An Hand dieser qualitätvollen Werke kann, gegliedert in fünf Kapiteln, ein geschlossener Überblick über das gesamte Werk Kirchners gegeben werden, der überraschende Einblicke in die Entstehungsprozesse einzelner Gemälde aus dem Besitz der Kunsthalle ermöglicht. Erweitert wird dieser umfangreiche hauseigene Komplex um eine Auswahl von Werken Kirchners, die sich in heutigen Privatsammlungen in Hamburg befinden. Darüber hinaus wird auch der ehemalige Bestand rekonstruiert. Dazu sollen die vier Gemälde, die Gustav Pauli in Mitte der 20er Jahre erwarb und die 1937 beschlagnahmt wurden, erstmals wieder nach Hamburg geholt werden.