Im Saal der Meisterzeichnung präsentiert eine kleine Ausstellung eine Überraschung, die mit der Geschichte der Hamburger Kunsthalle und mit mäzenatischer Tradition in Hamburg zu tun hat. Zu sehen sind u.a. Aquarelle von Emil Nolde, in denen er ab 1927 seine unmittelbare Umgebung im nordfriesischen Seebüll dargestellt hat.
1926 erwarben Emil und Ada Nolde eine unbebaute Warft nahe der dänischen Grenze. Sie nannten das Anwesen Seebüll, den benachbarten Bauernhof im Osten Seebüllhof, während in südlicher Richtung der Hülltoft Hof lag. Auf Seebüll bauten sie sich nach eigenen Plänen ein neues Haus mit großem Atelier und legten einen Garten an. Von nun an wurden die Aussichten von Seebüll über die flache Landschaft des Gotteskoogs zu den wichtigsten Motiven Noldes. In einigen Gemälden, vor allem aber in einer Vielzahl von Aquarellen wurde diese direkte Umgebung zum Thema in seiner Kunst.
Im November 1934 konnte Harald Busch, nach der Zwangspensionierung des Direktors Gustav Pauli von den Nationalsozialisten eingesetzter verantwortlicher Wissenschaftler, das 1932 entstandene Gemälde Hülltoft Hof von Emil Nolde für die Hamburger Kunsthalle erwerben. Ermöglicht durch eine Spende des Lebensmitteindustriellen Alfred Voss aus Hamburg. In einer Zeit der beginnenden Verfemung moderner Kunst durch die neuen Machthaber war dies ein ungewöhnlicher Schritt. Busch war überzeugt davon, auch mit Werken moderner ‚nordischer’ Künstler im Sinne der allgemeinen politischen Haltung für den Nationalsozialismus eintreten zu können. Er ordnete die Sammlungen der Kunsthalle neu und beendete den Rundgang mit Sälen, die den Gemälden des Juden Max Liebermann, den Expressionisten, wie Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff, vor allem aber Edvard Munch und Nolde gewidmet waren.
Es gelang Busch, die politisch Verantwortlichen von seinem Vorhaben zu überzeugen, und so konnte er im Juni 1935 diese neue Abteilung eröffnen. Schon wenige Monate später fand sein Einsatz für die Moderne ein Ende, Busch wurde entlassen, die modernen Bilder in das Magazin verbracht.
Mit der Aktion »Entartete Kunst« im Juli 1937 wurde die vor allem von Pauli aufgebaute Sammlung moderner Kunst von den Machthabern beschlagnahmt. Manches daraus, wie der Hülltoft Hof von Nolde, wurde kurz darauf in der gleichnamigen Ausstellung in München angeprangert. Was von diesen Werken gegen Devisen verwertbar war, konnten später einige ausgewählte Kunsthändler ins Ausland verkaufen und vor der Vernichtung retten. So gelangte der Hülltoft Hof 1939 auf Vermittlung des Berliner Händlers Karl Buchholz vom Sammellager der »entarteten« Kunst in Schloss Niederschönhausen bei Berlin in den Besitz eines norwegischen Privatsammlers, von dem es ein norddeutscher Sammler in den 50er Jahren erwarb. Aus dieser Sammlung kam Noldes Hülltoft Hof im Frühjahr 2002 in eine Auktion. Dort erwarben die Alfred Voss-Erben das Gemälde und schenkten es am 12. November 2002 der Hamburger Kunsthalle zum zweiten Mal, in Erinnerung an den einstigen Stifter. Zu Ausstellung erschien ein Band in der Kleinen Reihe für 8 €.