Der Zyklus L’Heure de Mylène aus dem Jahr 1962 zählt zu den bedeutendsten Graphikserien in Janssens Frühwerk. Thematisch und stilistisch knüpft die Folge an die erotischen Darstellungen der Nana-Mappe von 1959 an: Zart gezeichnete, von Intervallen durchsetzte Umrisse, in denen sich die Liebesspiele vollziehen. In Anlehnung an die Radierungen James Ensors, dessen filigraner, aufgelöster Graphikstil Janssen zu dieser Zeit besonders beeinflusste, scheinen sich die Körper wie Gespinste in der Fläche zu verlieren. In L’Heure de Mylène wird die radierte Linie zur Provokation: Aggressiv in der Verrenkung der Gliedmassen sind die Figuren in ihrer Haltung erstarrt. Janssen spielt mit der Kargheit der Linie, spannt Fäden wie Tentakeln, mit denen sich die Protagonisten im Netz der Liebe verspannen.
Die Folge der L’Heure de Mylène gehört zu der Reihe der so genannten kleinen Radierungen, die Janssen zu Beginn der 60er Jahre schuf. Mehr als bei den zur gleichen Zeit entstandenen großformatigen, dichten Radierungen manifestiert sich in diesen Werken Janssens zeichnerische Begabung, zugleich aber auch seine Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten.
Die Folge von 12 Radierungen wurde 1965 in einer Auflage von 10 Exemplaren im Verlag der Galerie Brockstedt gedruckt. In der Ausstellung zeigen wir das Exemplar Nr.1, sowie ein von Janssen handkoloriertes Blatt der Suite. Erstmals ausgestellt sind die Studien zu L’Heure de Mylène. Meist mit blauem Kugelschreiber gezeichnet, sind diese Arbeiten im Strich dichter als die späteren Radierungen. Ergänzt werden diese Werke durch thematisch verwandte Radierungen aus den Jahren 1960-65.
Gezeigt werden insgesamt 35 Radierungen und Zeichnung aus dem Bestand der Hamburger Kunsthalle sowie Leihgaben aus Privatsammlungen.