Zwischen 1972 und 1984 schuf Horst Janssen zahlreiche Radierfolgen zum Thema »Totentanz«. In diesen Zyklen findet die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit, die Janssens Werk immer wieder beherrschte, ihren Höhepunkt. Dabei faszinierte ihn vor allem die enge Nachbarschaft von Tod und Leben, von Erscheinung und Zerfall, die sich auch in seinen Stilleben widerspiegelt. Zeitlebens – so Janssen – habe er versucht, zeichnend »einen Damm gegen die Vergänglichkeit« zu errichten (Joachim Fest). Seine persönliche Verstrickung, teils als Protagonist des Geschehens, zeigt sich dabei in den Selbstbildnissen, die fast alle Zyklen einleiten oder begleiten. Ausgangspunkt ist die Folge »Hannos Tod« aus dem Jahr 1972, in der in Anlehnung an Thomas Manns Schilderung vom Tod des kleinen Hanno in den »Buddenbrooks« die Metamorphosen des Sterbens vorgeführt werden. In der kurz darauf publizierten Graphikfolge des »Totentanz« von 1974 erweitert Janssen das Motiv von Tod und Mädchen zu einer balladesk ausgesponnenen Erzählung, die mit der Aufforderung zum Tanz beginnt und schließlich in der erotischen Ekstase endet. Die späteren Folgen »Nihil ut umbra« und »Pfänderspiel«, beide aus den Jahren 1983, zeigen die Begegnung von Mensch und Knochenmann in grotesker Vereinigung, teils zum Tanz vereint, mit Knochen jonglierend oder in makabrer Paarung verbunden. Janssen greift hier auf die Tradition des mittelalterlichen Totentanzes zurück, die von Hans Holbeins Holzschnittzyklus (1526) oder dem fast gleichzeitig entstandenen Freskenzyklus von Niklas Manuel Deutsch in Bern geprägt wurde.
Mit der Ausstellung gedenkt die Hamburger Kunsthalle des Todestages von Horst Janssen, der sich am 31. August 2005 zum zehnten Mal jährt. Gezeigt werden im Janssen-Kabinett 40 Zeichnungen und Radierungen, darunter zahlreiche Leihgaben aus Privatbesitz.