Eva Hesse (*1936 in Hamburg, †1970 in New York) gilt als eine der herausragenden Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre experimentierte sie mit neuen Materialien, die in der Objektkunst bis dahin noch keine Verwendung gefunden hatten, wie Polyester, Glasfaser und Latex. Eine von der aufkommenden Minimal Art geprägte Serialität und Reduktion wird in Hesses Werk von sinnlicher Materialität und Körperhaftigkeit bestimmt. Hesses Arbeiten, die sich heute in den großen Museen der Welt befinden, verbinden komplexe und zum Teil konträre Aspekte: Der spielerische Einsatz von Rhythmus, die Konfrontation von gegensätzlichen Strukturen wie Ordnung und Chaos, Kontrolle und Dynamik, Präzision und Zufall spielen in ihren Zeichnungen eine ebenso große Rolle wie in ihren Skulpturen.
Eva Hesse wird am 11. Januar 1936 in Hamburg geboren. Als Zweijährige muss sie zusammen mit ihrer älteren Schwester Helen in einem Kindertransport ohne ihre Eltern ihre Heimatstadt verlassen. 1939 emigriert die Familie über die Niederlande und England nach New York. Dort studiert Hesse in den 1950er Jahren Malerei an der Cooper Union School und an der Yale School of Art and Architecture als Meisterschülerin von Josef Albers. Bereits ab Mitte der 1960er Jahre wird ihre Kunst in New Yorker Galerien ausgestellt. Auf Einladung des deutschen Sammlerehepaars Scheidt verbringt sie zusammen mit ihrem Ehemann, dem Bildhauer Tom Doyle, 1964/65 ein Jahr in Kettwig an der Ruhr. Diese Zeit wird als Wendepunkt im Werk von Eva Hesse angesehen: Inspiriert durch die dort in einer Textilfabrik gefundenen Materialen, beginnt sie mit ersten dreidimensionalen Arbeiten. Zurück in New York wendet sich Hesse vollkommen der Skulptur zu und experimentiert mit neuen Materialien. Ihre erste Einzelausstellung als Objektkünstlerin hat sie 1968 in der Fischbach Gallery, New York, mit der ihr der künstlerische Durchbruch gelingt. Ein halbes Jahr später wird ein Hirntumor bei Eva Hesse diagnostiziert, an dem sie 1970 mit nur 34 Jahren stirbt.
Mit Eva Hesse. One More than One präsentiert die Hamburger Kunsthalle erstmals eine Werkschau der Künstlerin in ihrer Geburtsstadt. Die Ausstellung konzentriert sich auf die späte, höchst produktive Werkphase der Künstlerin ab 1966 bis zu ihrem frühen Tod 1970. Gezeigt werden rund 50 Skulpturen und Zeichnungen. Mit zahlreichen Leihgaben aus bedeutenden internationalen Privatsammlungen und Museen wie dem San Francisco Museum of Modern Art, der Tate, London, dem Museum of Modern Art, New York, und dem Centre Pompidou, Paris werden die äußerst selten zu sehenden Spätwerke der Künstlerin zum Teil erstmalig in Deutschland vorgestellt. Unter den Exponaten sind Schlüsselwerke wie die fünfteilige Arbeit Sans II (1968), Repetition Nineteen (1968) und Accession (1968) sowie Zeichnungen wie die von der Minimal Art geprägten Grid Drawings, die repetitiven Circle Drawings oder die späten, höchst malerischen Window Drawings, die Hesse selbst als „paper paintings“ bezeichnete.