Édouard Vuillard (1868-1940) gehört mit seinem malerischen und zeichnerischen Werk eher zu den stillen französischen Künstlern der Jahrhundertwende. Bekannt sind vor allem seine Arbeiten der 1890er Jahre. Die Ausstellung im Saal der Meisterzeichnung der Hamburger Kunsthalle rückt nun die bislang vernachlässigten Zeichnungen und Pastelle der Jahre 1903 bis 1928 in den Mittelpunkt. Sie offenbaren den künstlerischen Wandel und die hohe künstlerische Qualität von Vuillards Spätwerk.
Höhepunkt der Ausstellung ist das monumentale Pastell »Les tasses noires« (Die Schwarzen Tassen) von 1925. Es hat die Maße 140 x 180 cm und stellt die vom Künstler verehrte Misia Sert und deren Nichte Mimi Godebska in deren Pariser Salon dar. Die für das Spätwerk typische, eher dunkle Farbgebung der Komposition und die erzielten Lichteffekte, mit denen die Motive oft nur schemenhaft angedeutet werden, machen das Bild zu einem Hauptwerk Vuillards. Circa 80 bislang nie gezeigte kleinformatige Zeichnungen aus Privatbesitz mit den intensiven Vorbereitungsstudien zu den vielen Details unterstreichen den komplexen Entstehungsprozess des Bildes »Les tasses noires«. Der Künstler war ständig mit dem Zeichenblock und später auch mit seinem Fotoapparat unterwegs, um alle ihm wichtigen Eindrücke im Bilde notieren zu können.
Neben weiteren Bleistiftzeichnungen und Pastellen mit intimen Interieur-Darstellungen stehen besonders die drei 1913 im Auftrag des damaligen Direktors der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, entstandenen, großformatigen Ansichten der Binnenalster im Blickfeld. Vuillard hat diese Bilder, die sich im Besitz der Kunsthalle befinden, während eines gemeinsamen Hamburg-Aufenthaltes mit Pierre Bonnard vor Ort gezeichnet. Diese Bilder waren zusammen mit Gemälden, die 1912 von der Neuen Pinakothek in München erworben wurden, die ersten Werke Édouard Vuillards in öffentlichem Museumsbesitz. Katalog, 128 Seiten, zahlreiche Farb- und Schwarzweißabbildungen, DM 39 (€ 20).