Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf Horace McCoys Roman They Shoot Horses, Don’t They? (dt. Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss) aus dem Jahr 1935, der durch die Verfilmung von Sydney Pollack aus dem Jahr 1969 mit Jane Fonda in der Hauptrolle berühmt wurde.
Der Roman handelt von einem Tanzmarathon während der Weltwirtschaftskrise in Amerika. Gewinner ist das Tanzpaar, das sich am längsten auf dem Parkett halten kann. Hungrige und verzweifelte Teilnehmer_innen gehen für den Gewinn an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Auf menschenverachtende und zynische Weise wird hier versucht – vergleichbar den römischen Gladiatorenkämpfen –, von den alltäglichen Problemen abzulenken. Unterhaltung ist alles, auch wenn Menschen dabei Schaden nehmen oder gar zu Tode kommen. Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss...
Edith Dekyndts Installation They Shoot Horses besteht aus einem Samtvorhang, der in regelmäßigen Abständen mit Stahlnägeln durchbohrt ist und die eine Raumhälfte des Erdgeschosses der Galerie der Gegenwart durchzieht. Der Vorhang setzt sich durch Raumwände fort und bildet in seiner Kurvenform ein Moment der Bewegung und Dynamisierung innerhalb der strengen quadratischen Rasterung von O. M. Ungers‘ Architektur. Auf einem Video sind Archivaufnahmen des Tanz-Marathons der 1920er Jahre zu sehen. Der schwere Vorhang erinnert an luxuriöse Raumausstattungen oder auch an mondäne Theatervorstellungen. Die Nägel, mit denen der Vorhang gleichmäßig bestückt ist, kontrastieren mit dem weich fallenden Samt und machen aus dem Textil einen »Eisernen Vorhang«.
Edith Dekyndt (* 1960 Ypern, Belgien) lebt und arbeitet in Brüssel und Berlin. Ihre Arbeiten wurden u.a. im BOZAR und im WIELS in Brüssel, im Museum of Modern Art in New York, im Witte de With in Rotterdam gezeigt. Sie ist Trägerin des Kunstpreis Finkenwerder 2019. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Kunsthaus Hamburg.