THEA DJORDJAZE
Herausgeberin: Corinne Diserens
Sprache: Deutsch /Englisch
Format: 21 x 38 cm Softcover, 296 Seiten
Veröffentlichung: Juni 2025
Galerie der Gegenwart 1. OG und Lichthof
Edi Hila | Thea Djordjadze ist eine generationenübergreifende Doppelausstellung zweier bedeutender Künstler*innen aus Albanien und Georgien, beides Länder mit einer kommunistischen Vergangenheit, die mit der Sowjetunion und der Geschichte Osteuropas und Westasiens zusammenhängt.
Thea Djordjadze wurde 1971 in Tiflis, Georgien, geboren. Sie studierte noch Bildende Kunst, als das Land 1991 als eines der Ersten seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärte. Daraufhin brach ein Bürgerkrieg aus, der zwei Jahre andauerte. Djordjadze setzte ihre Ausbildung in Westeuropa fort. Nach einem Studienaufenthalt an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam ging sie in das wiedervereinigte Deutschland. Dort studierte sie an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Dieter Krieg und Rosemarie Trockel, bevor sie nach Berlin zog, wo sie seit Mitte der 2000er Jahre lebt.
In ihrer experimentellen Praxis geht Thea Djordjadze mit einer informierten Intuition vor. Ihre Skulpturen, Fotografien, Gemälde und Environments entstehen aus der intensiven Auseinandersetzung der Künstlerin mit den aktiven und latenten Energien eines Raums, wobei diese eine Vielzahl von Materialien in Assemblagen von einzigartiger Poesie verwendet. Djordjadzes prozessorientierte künstlerische Praxis erforscht und antwortet auf den jeweiligen Ort, manchmal reflektierend, manchmal als unmittelbare Reaktion auf die gegebenen Bedingungen. Oft fließen Bilder, Formen und Ideen aus Literatur, Design, Malerei, Kunstgeschichte und Architektur – vor allem, aber nicht ausschließlich aus der Moderne – in ihre Arbeit ein und hinterlassen einen Abdruck, der wie ein Echo der Begegnung der Künstlerin mit ihnen anmutet.
Thea Djordjadzes Werke sind instabil, manchmal können sie herausspringen, hinfallen oder zerbrechen, bis der richtige Spannungspunkt gefunden ist. Die Künstlerin konstruiert ein Modell des Ausstellungsraums, benutzt es aber nicht; vielmehr ist es ein Bezugspunkt, um den Raum nicht zu vergessen, ihn zu visualisieren und zu verstehen, womit sie es zu tun hat. Djordjadze beschäftigt sich mit der Ausstellung als Medium, als Landschaft, in der alles im Fluss ist, bewegt von einer künstlerischen Sprache, die ihre Schönheit langsam entfaltet.
Für die Hamburger Kunsthalle hat Thea Djordjadze eine neue Werkgruppe konzipiert und produziert, die den Betrachter*innen eine räumliche, physische und psychologische Erfahrung bietet und ihnen bewusst macht, wie sie sich durch den gesamten Raum bewegen, und sie dazu anregt, anderswo hinzuschauen als üblich. Unsere gewohnten Perspektiven sind äußerst begrenzt: Wir nehmen nur kleine Ausschnitte unserer Umgebung wahr. Auf diese Weise hinterfragt die Künstlerin nicht nur die formalen und materiellen Eigenschaften des 1. Obergeschosses und des Atriums der Galerie der Gegenwart, sondern offenbart auch deren sensiblen Kontext, negative Räume und Lichtquellen, die auf die Werke, Wände und den Boden einwirken und so die Aufmerksamkeit für die architektonischen und räumlichen Bedingungen schärfen.
Im Juni 2025 erscheint eine begleitende Publikation mit dem Titel THEA DJORDJADZE (Herausgegeben von Corinne Diserens; Deutsch/Englisch; 296 Seiten) mit Texten von Mihaela Chiriac, Corinne Diserens, Tinatin Gurgenidze, Andrew Maerkle und Vazha Pshavela beim Verlag DISTANZ. Das Buch ist im Buchhandel (40 Euro) und im Museumsshop (36 Euro) erhältlich und kann über www.freunde-der-kunsthalle.de bestellt werden. Die Publikation wurde mit Unterstützung der Philipp Otto Runge Stiftung realisiert.
Edi Hila (*1944 in Shkodër, lebt und arbeitet in Tirana, Albanien) ist ein bedeutender und hochgelobter Künstler der Balkanregion, der die gesellschaftliche und politische Geschichte Albaniens miterlebt und festgehalten hat und oft als »Maler der albanischen Transformation« bezeichnet wird. Diese bedeutende Überblicksausstellung von Edi Hila in der Hamburger Kunsthalle (Deutschland) und dem Moderna Museet Malmö (Schweden), wurde von Dr. Corinne Diserens und Joa Ljungberg initiiert und kuratiert und in engem Dialog mit dem Künstler vorbereitet. Sie umfasst Gemälde, Arbeiten auf Papier und Maquettes und wird von einer umfassenden Publikation in englischer, deutscher und schwedischer Sprache begleitet.
Unter den ausgestellten Werken, die Schlüsselmomente der prägenden frühen Schaffenszeit des Künstlers nachzeichnen, befindet sich auch Edi Hilas berühmtes Gemälde Planting of Trees von 1971. Aufgrund der expressiven Verwendung von Farbe und Form (die im Widerspruch zur anerkannten Doktrin des sozialistischen Realismus stand) führte es dazu, dass er zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. Darüber hinaus untersucht die Ausstellung die künstlerische Praxis Hilas in den 1990er Jahren, als der Künstler das Leben nach dem Sturz des Regimes von Diktator Enver Hoxha genau beobachtete und die Realitäten der Transformation Albaniens am Vorabend des neuen Jahrtausends darstellte.
Indem er sich auf eine Palette gedeckter Farben beschränkt und überflüssige Details systematisch ausschließt, schafft Hila dichte Kompositionen, die über einfache Erzählungen hinausgehen. Serien wie Comfort, Migrations, Paradox, Threat, Roadside Objects, Transitional Landscapes, Penthouse, Relations, Martyrs of the Nation Boulevard und A Tent on the Roof of a Car spiegeln Aspekte des gesellschaftlichen Umbruchs wider und vermitteln gleichzeitig ein Gefühl der Ehrfurcht, das durch Melancholie und subtile Ironie gemildert wird.
Häufig bilden Schichten architektonischer Geschichte und die sich ständig verändernde urbane Umwelt albanischer Städte und Gemeinden das Setting seiner Bilder. Der berühmte Masterplan mit seinem Komplex öffentlicher Gebäude im Zentrum von Tirana, der vom florentinischen Architekten Gherardo Bosio während des faschistischen Regimes entworfen wurde, inspirierte Edi Hila maßgeblich zu seiner Boulevard-Serie. In diesen Gemälden, die den Kulissen taktischer Kriegsvideospiele ähneln, zieht eine tiefgründige Bildsprache die Betrachter*innen in eine Welt ohne Schatten und mit wenigen Anzeichen menschlichen Lebens.
Die Ausstellung konzentriert sich auch auf Edi Hilas jüngste Werke, die eher die Grenzen und Fallstricke der Transformation als ihre Verheißungen offenbaren und sorgfältige Beobachtungen und subtile psychologische Einsichten bieten.
Nach seiner Teilnahme an der Biennale di Venezia 1999 und der documenta 14 im Jahr 2017 sowie mit Einzelausstellungen im Museum für Moderne Kunst in Warschau und in der Nationalgalerie in Tirana, fand Edi Hila internationale Beachtung.
Zur Ausstellung erscheint eine begleitende Publikation mit dem Titel EDI HILA (Hg. von Corinne Diserens; Deutsch/Englisch; 200 Seiten) mit Texten von Corinne Diserens, Edi Hila, Olsi Lelaj, Joa Ljungberg, Jana Pfort, Gëzim Qëndro und Lea Ypi, erschienen beim Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln. Das Buch ist im Buchhandel (38 Euro) und im Museumsshop (34 Euro) erhältlich und kann über www.freunde-der-kunsthalle.de bestellt werden.
Kuratorin
Assistenzkuratorin
Wissenschaftliche Volontärin