1933 BIS 1969: WIE POLITISCH WAR DIE HAMBURGER KUNSTHALLE?
Neues Kooperationsprojekt von Universität Hamburg und Hamburger Kunsthalle
Die Hamburger Kunsthalle wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Hamburger Bürgern gegründet. Welchen Einfluss diese Vernetzung von Stadtgesellschaft und Kunstsammlung auf die Vereinnahmung der Kunsthalle für politische Zwecke hatte und welcher Stellenwert dabei der musealen und akademischen Kunstgeschichte zukam, untersuchen die Kunsthistorikerinnen Prof. Dr. Iris Wenderholm von der Universität Hamburg und Dr. Ute Haug von der Hamburger Kunsthalle. Das Forschungsvorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit fast 700.000 Euro gefördert.
Im Fokus des Projektes „Auf Linie? Die Hamburger Kunsthalle in Nationalsozialismus, Besatzungszeit und Bonner Republik (1933–69)“ steht vor allem das Wirken des Museums in gegensätzlichen Staats- und Gesellschaftssystemen: Beginnend mit der nationalsozialistischen Machtübernahme (Teilprojekt A-Dissertation) und der Zeit der Besatzung sowie der jungen Bonner Republik (Teilprojekt B-Dissertation) wird es im Teilprojekt C in der Phase der Etablierung der Bonner Republik bis 1969 um die Weichenstellung für die Bedeutung der zeitgenössischen Kunst in der musealen Sammlung sowie auf nationaler Ebene gehen. Im Teilprojekt D wird außerdem der Einfluss des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg und die Verbindung von universitärer und musealer Kunstgeschichtsforschung untersucht.
„Die Hamburger Kunsthalle als führendes Kunstmuseum der Stadt hatte durch ihre Einbettung in regionale und nationale Netzwerke einen besonderen politischen Stellenwert“, so Prof. Dr. Iris Wenderholm, Professorin für Europäische Kunstgeschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Hamburg. Dr. Ute Haug, Leiterin der Provenienzforschung und Sammlungsgeschichte an der Hamburger Kunsthalle, ergänzt: „Inwieweit sich diese Netzwerke und die damit einhergehenden Aktivitäten auf das Museumsgeschehen sowie die Sammlung auswirkten und damit Entwicklungen eintraten, die auch über das Museum hinaus bedeutsam wurden, ist eine der Kernfragen des Forschungsprojektes.“
Um zu verstehen, was dies für die Instrumentalisierung der Sammlung bedeutete, welche kulturpolitischen Impulse vom Museum ausgingen und auf welches Publikum diese ausgerichtet wurden, sollen im Projekt auch die Personalsituation innerhalb des Hauses sowie die Netzwerke der jeweiligen Direktoren und Verantwortlichen berücksichtigt werden.
Große Relevanz kommt dabei der Frage zu, zu welchem Zeitpunkt und in welchen Formen die Vorstellungen von der gesellschaftlichen Rolle der Kunst Eingang in die Museumsarbeit fanden und wie sich dies in der jeweiligen musealen Sammlungs-, Ausstellungs-, Forschungs- und Vermittlungsarbeit niederschlug. Für die NS-Zeit soll zum Beispiel die Einbindung des Museums in die Umgestaltung Hamburgs zur „Hauptstadt der deutschen Schifffahrt“ betrachtet werden und für die Besatzungszeit wird unter anderem die Einflussnahme der britischen Verwaltung in den Blick genommen, während für die Zeit der jungen Bonner Republik die Analyse der Effekte amerikanischer Kulturpolitik im Vordergrund steht.
Für das Projekt arbeiten Prof. Dr. Wenderholm und Dr. Ute Haug eng zusammen. Sie werden neben dem Historischen Archiv Hamburger Kunsthalle auch auf Archivalien des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts in Berlin und des Deutschen Kunstarchivs in Nürnberg zurückgreifen sowie Bestände der Archives Nationales in Paris und des Getty Research Institute L.A. wissens- und diskursgeschichtlich auswerten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt dieses Forschungsprojekt für eine Dauer von drei Jahren. Der Beginn ist für Herbst 2023 geplant.
Dr. Ute Haug