Die Landschaft war das Hauptthema der beiden Jahre 1970 und 1971 im Werk Janssens.
Durch eine Publikation über die 60 Zeichnungen von Claude Lorrain aus dem Album Odescalchi wurden Janssen zu seinen lavierten Federzeichnungen angeregt. Wohl um vor dem ungewohnten Medium sicher zu werden, entstanden erst nach monatelanger Inkubationszeit, in knapp drei Wochen im Sommer 1972 etwa 250 Landschaften in der Technik der lavierten Federzeichnung. Etwa 120 wurden zur Aufnahme in das Buch über die Landschaft ausgewählt. Zur Ergänzung dieser Blätter Landschaftsradierungen machen, hat aber dann nach stillebenähnlichen Zeichnungen von Wurzeln, Blättern und Fröschen, Ende August 1972 eine Reihe von 33 kleinen Platten radiert: Landschaftsmetamorphose, Frösche, Stillenben und Selbstbildnisse.
Ursprünglich wollte Janssen für das Werk über die Landschaft nach einer Reihe von abzubildenden lavierten Federzeichnungen Radierungen machen. Dieser Plan blieb aber liegen, statt dessen entwickelten sich nach einiger Zeit Landschaftserfindungen in Parallele zu Zeichnungen, in denen aus vertrockneten Blättern, Früchten oder einem Vogelflügel Landschaftsassoziationen aufsteigen. Dieser neue Zugang zur Landschaft hat mehr ins Spiel gezogen als ursprünglich zu vermuten war, und wie immer in der Beschäftigung mit neuen Plänen war die Entfaltung der Vorstellung identisch mit der Klärung ihrer technischen Realisierung auf der Radierplatte.
Den Zugewinn des graphischen Vokabulars muß man im Detail der kleinen Platte verfolgen: die genaueste Beobachtung der Verhältnisse von Lineatur zur Fläche, der gestuften Ätzflächen zur Spiegelung von Nuancen der Farbe und in einer minutiösen Zeichnung aus feinstem Gespinst von Strichlagen Zwischentöne der Landschaftsempfindung, die vorher noch nicht mitteilbar waren.
Im Anschluß an die Zeichnungen und Radierungen des Werks über die Landschaft waren acht Landschaftsphotos von Horst Janssen abgebildet. Ein Motiv der Ausstellung - Gesche am Bach im Quickborner Moor, in den Zweigen das Licht der untergehenden Sonne - hatte Janssen am gleichen Abend nach dem Spaziergang für den Begleiter dieses Nachmittags mit Blei- und Farbstiften gezeichnet. Als nach einigen Wochen die Abzüge der zahlreichen Photos von diesem Ausflug ins Haus kamen, war einer davon mit der kleinen Zeichnung vollkommen identisch. Die unmittelbare Reaktion auf eine Naturerscheinung und die Erinnerung daran gehen im Auge des Zeichners ineinander auf. Das Photographieren gebrauchte Janssen als Ergänzung zum »Zeichnen nach der Natur«.
Zu diesen Ergänzungen gesellt sich das photographier te Zitat: es gibt zahlreiche Photos, die als »Kopie« aus dem Werk von chinesischen und japanischen Malern gemeint sind. In den Janssen'schen Photos finden wir Natur, gesehen durch ein Temperament, das gewöhnt ist, ebenso unbefangen um sich herum zu blicken, wie gegenüber allem Gesehenen in Entsprechung zu den vielfältigsten Erinnerungen einzurasten.
Gerhard Schack - 1974 und 1999