Im Mittelpunkt der der dritten und letzten Ausstellung zur Graphik Beckmanns aus der Sammlung des Ehepaars Klaus und Erika Hegewisch stehen die Folgen »Jahrmarkt« (1921) und »Berliner Reise« (1922) sowie einige Holzschnitte und Radierungen wie »Kasbek«, »Gruppenbildnis Edenbar«, »Der Traum I und II« und »Fastnacht«. Beckmann breitet auch hier während seiner hinsichtlich der Druckgraphik produktivsten Jahre ein faszinierendes Welttheater mit allen Höhen und Tiefen aus.
Die zehn Radierungen der 1921 von Reinhard Piper verlegten Mappe »Jahrmarkt« nehmen den Betrachter mit auf einen Spaziergang über einen Jahrmarkt, an dessen Eingang »Der Ausrufer« Max Beckmann die Besucher mit einer Glocke zur Aufmerksamkeit für seinen »Circus Beckm[ann]« zwingt. Wir begleiten den Künstler durch die »Garderobe« und erleben das Treiben »Hinter den Kulissen«. Weiter geht es über die »Schießbude«, der »Große Mann« und »Der Neger« bieten ebenso menschliche Sensationen wie »Die Seiltänzer«, der »Niggertanz« und die Schlangendame. Zwischenzeitlich sorgt »Das Karussell« für willkommene Abwechslung. Zirkus und Jahrmarkt stehen für Beckmann als Sinnbilder des Lebens, die sein graphisches Welttheater bestimmen.
Wie fast alle graphischen Folgen Beckmanns wird auch die 1922 bei J. B. Neumann veröffentlichte »Berliner Reise« mit einem Selbstbildnis des Künstlers eröffnet, er begegnet uns hier gar zweimal: Die Umschlagmappe zeigt den Berlin-Besucher Beckmann mit Koffer vor einer Litfasssäule stehend, auf der die Titel der zehn Lithographien angeschlagen sind. Es folgt das Bildnis »Selbst im Hotel«, Max Beckmann bewaffnet mit dem Zeichenstift und einer Zigarre im Mundwinkel, sich selbst (in zwei Spiegeln) und seine Mitmenschen reflektierend. Die folgenden neun Blätter zeigen Motive aus der Großstadt Berlin, wie Beckmann sie während eines zweimonatigen Aufenthaltes Anfang 1922 erlebte. Aus dem eher ruhigeren Frankfurt am Main kommend sah er dort »Die Enttäuschten I und II«, einen »Nackttanz« und die »Bettler«, portraitierte die Menschen im »Theaterfoyer«, beobachtete das einfache, sich trotz allem Elends vergnügende Volk in der »Kaschemme« und des »Nacht[s]«. Nach durchzechter Nacht sah er einen »Schornsteinfeger«, der auf den ersten Blick genauso unverfänglich erscheint wie »Der Schlittschuhläufer«, der jedoch mit dynamischen Bewegungen seine Welt zu sprengen droht bzw. wortwörtlich aus dem Rahmen fällt. Beckmann inszeniert auch hier wieder eine Welt der Enttäuschten und Desillusionierten, die u. a. auf dem Blatt »Die Enttäuschten II« durchaus aus Beckmanns persönlichem Umfeld stammen zu sehen sind hier Max Slevogt , Paul Cassirer und die Schauspielerin Tilla Durieux , die am Vorabend der Inflation von 1923 noch immer an den Folgen des Ersten Weltkrieges litten.