Anders Zorn (1860-1920), ein Zeitgenosse Max Liebermanns, mit dem er auch persönlich bekannt war und den er porträtierte, sowie Edvard Munchs, gehörte um 1900 zu den führenden europäischen Künstlern in Europa. Sein bevorzugtes Thema war das an der französischen Kunst geschulte, realistische Bildnis, das er neben der Malerei auch in furioser Weise mit der Radiernadel auf der Kupferplatte festhielt. Seine Modelle waren dabei illustre, internationale Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
Neben dem Berliner und dem Dresdner Kupferstichkabinett besitzt die Hamburger Kunsthalle mit 50 Arbeiten den umfangreichsten Bestand an Radierungen des schwedischen Malers und Graphikers Anders Zorn in Deutschland. Fast alle, nämlich 42 von 50, der im Hamburger Kupferstichkabinett vorhandenen Radierungen wurden zu Lebzeiten des Künstlers während des Direktorats von Alfred Lichtwark erworben. Lichtwark hatte Zorn schon 1891 nach Hamburg eingeladen, um einen Beitrag zur »Galerie Hamburger Bilder« zu malen.
Zorn war sicher kein künstlerischer Neuerer wie der tiefgründige Norweger Munch, aber ein dem Impressionismus verwandter Künstler im Vorfeld der Moderne, dessen mit lockerem Strich angefertigte, psychologisch einfühlsamen Bildnisradierungen auch den heutigen Betrachter wieder ansprechen.
Als Hamburgensie darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass bereits im April 1911 in der Hamburger Galerie Commeter eine umfangreiche Präsentation von 163 Radierungen Zorns stattfand, von denen über die Hälfte am Eröffnungsabend verkauft werden konnte. Unter den nun hier für den Saal der Meisterzeichnung ausgewählten Beispielen der Radierkunst Zorns seien besonders das Bildnis des Künstlers mit seiner Frau (1890), das des französischen Dichters Paul Verlain (1895) und das im Strich äußerst frei empfundene Bildnis der Tänzerin Rosita Mauri (1889) erwähnt. Die Porträtradierung des Opernsängers und Kunstsammlers Jean Baptiste Faure aus dem Jahre 1891 schlägt einen engen Bogen zur Hamburger Kunsthalle, denn auch Manet porträtierte Faure auf einem Gemälde in unserer Sammlung in einer seiner Bühnenrollen, und es ist anzunehmen, dass Lichtwark diese Radierung im Zusammenhang mit Manets Meisterwerk sah.