Surreale Welten

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Von Piranesi bis Dubuffet. Werke aus einer Privatsammlung

Der Surrealismus war vielfach Thema von Ausstellungen. In thematischen wie monographischen Zusammenstellungen wurde die große Bandbreite dieser wichtigen Entwicklung in der Kunst international dargestellt. »Surreale Welten«, das Ausstellungskonzept der Hamburger Kunsthalle, weist über den bislang eng gefassten Begriff vom Surrealismus hinaus. Als Folge der DADA-Bewegung entwickelte sich seit 1919 vor allem in Frankreich eine phantastisch-poetische, zuweilen anarchische Strömung, die neben der bildenden Kunst auch die Literatur und später den Film massgeblich beeinflusste. Dabei ist der Surrealismus kein künstlerisch einheitlicher Stil, sondern als geistig intellektuelle, bis in Bereiche der Psychologie experimentierende Bewegung, die politische Stellungnahme ebenso beinhaltet wie das Spiel mit Bewusstseinsveränderungen in der Wahrnehmung von Realität.

Beginnend mit den »Carceri« von Piranesi, den monumentalen, utopischen Gefängnisarchitekturen des 18. Jahrhunderts, wird anhand von Werken bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder die Frage nach Realitäten und deren Brechungen gestellt. Was wie ein blosses Spiel aussieht, wird in Goyas Druckgraphiken - darunter auch einige höchst seltene Probedrucke - zum politischen und gesellschaftlichen Ernst. Die Graphik von Meryon, Bresdin oder Manet zeigt die Welt so, dass sie offensichtlich nur eine Oberfläche von Realität ist. Was davon überdeckt wird, zeigen die seltenen, unbekannten Tuschpinselzeichnungen des Dichters Victor Hugo, die ebenso in der Ausstellung zu sehen sind wie die zehn Originalzeichnungen zu Max Klingers Radierungszyklus »Ein Handschuh«, in dem die Frage nach der Realität einer psychologischen Untersuchung unterzogen wird. Die unterschiedlichen Fragen nach Realität werfen auch einzelne Kunstwerke von Moreau, Seurat sowie ein Urwaldbild von Henri Rousseau auf. Daneben werden teils umfangreiche Werkgruppen von Odilon Redon, James Ensor und Alfred Kubin gezeigt.

Die Hauptphase des Surrealismus ist mit einer faszinierenden Vielfalt von Werken von de Chirico, Carrá, Miró, Tanguy, Schwitters, Salvadore Dali, Pablo Picasso oder René Magritte breit in der Ausstellung vertreten. Dabei kommt dem Werk von Max Ernst eine zentrale Rolle zu, der neben einer Reihe bedeutender Gemälde auch mit Collagen und Frottagen zu sehen sein wird. Insgesamt 30 Werke von Paul Klee zeigen, dass dieses poetische künstlerische Werk den »surrealen Welten« sehr nahe steht.

Die Ausstellung endet mit umfangreichen Werkgruppen von Wols und Jean Dubuffet. Zeigt der Deutsche Wols in seinen zarten Aquarellen und Federzeichnungen kleine, brüchige Mikrokosmen, die sich der eindeutigen Wahrnehmung bewusst verschliessen, steht beim Franzosen Jean Dubuffet die Auseinandersetzung mit dem Menschen und dessen ursprünglichen Äusserungen im Zentrum seines künstlerischen Interesses. Neben einer Reihe von Gemälden und Zeichnungen werden auch seltene, fragile Collagen aus Schmetterlingsflügeln von ihm in dieser Ausstellung zu sehen sein.

Die über 200 Werke der Ausstellung »Surreale Welten« entstammen alle einer in Norddeutschland beheimateten Privatsammlung, die erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Nach Hamburg wird die Ausstellung im Von der Heydt-Museum, Wuppertal, und in der Kunsthalle Tübingen zu sehen sein. Es erscheint ein reich bebilderter Katalog.